Festung Landau – Von Werken, Wasser und Wachthäusern
Rezensent(in): Keddigkeit Jürgen
Erscheinungsjahr: 2023
Autor(en): Bruckert Harald, Übel Rolf
Erscheinungsort: Landau
Der erste mehr oder minder unreflektierte Gedanke beim Anblick des hier zu besprechenden Buches war: Schon wieder ein Landauer Festungsbuch? Schließlich hatte Harald Bruckert, einer der beiden Autoren, erst 2019 sein Buch „Geschichte der Festung Landau“ der Öffentlichkeit vorgestellt, in dem er kenntnisreich und detailliert die Geschichte der Festung bis zu ihrem Ende 1871 beschreibt. Doch wird die eingangs geäußerte „Befürchtung“ rasch widerlegt, denn die Arbeit von Rolf Übel und Harald Bruckert sieht sich dezidiert als „Fortführung“ des erstgenannten Werks, letztlich als „Führer“ nicht nur zu den herausragenden, sondern vor allem auch zu den mehr oder weniger versteckten Relikten der alten Festung. Dabei beeindruckt schon die schiere Zahl von mehr als 100 erhaltenen baulichen Zeugnissen im Stadtgebiet bzw. dem Vorfeld Landaus.
Eine stringente Gliederung erleichtert die Nutzung des Buchs ungemein. Der leicht verständlichen, mehr allgemeinen Hinführung, betitelt „Von der Burg zur Festung“, folgen die fünf Hauptkapitel, sowie nachgeordnet ein (unverzichtbares) Glossar sowie die Literatur- und Bildnachweise.
Gerade mit der Einführung, die die Abkehr vom Burgenbau und die Hinwendung zum für die nächsten Jahrhunderte bestimmenden Festungsbau beinhaltet, liefert Rolf Übel einen gelungenen Einstieg ins Thema. Schließlich vermag der interessierte Leser nur vor diesem Hintergrund die – nicht nur für den pfälzischen Raum – herausragende Bedeutung der Festung Landau, letztlich dieses „neuen Typus der Großbefestigungen“ zu verstehen. Ein stringenter Überblick über die Entwicklung des Festungsbaus seit dem 15. Jahrhundert und die Beschreibung des Bastionärsystems – immer mit Hinweisen zu pfälzischen Beispielen – führen zum wohl bedeutendsten und produktivsten Festungsbaumeister, dem französischen Marschall Sébastien La Prestre de Vauban, der – so der Verfasser – mit der französischen Festung Landau eines seiner „herausragendste Werke“ schuf (S. 15).
Das erste Hauptkapitel, ebenso reich bebildert wie die Hinführung, widmet sich der inneren Umwallung und dem bastionären System der Festung. Den Autoren gelingt das Kunststück – schließlich ist vom achteckigen Hauptwall und den vorgelagerten 21 Werken des bastionären Systems der Festung „so gut wie nichts“ (S. 27) erhalten – dem Leser mithilfe zeitgenössischer Pläne, historischer Fotos und nicht zuletzt einer gut nachvollziehbaren Beschreibung ein recht genaues Bild der 1871 geschleiften „bastionierten Türme und detachierten Bastionen“ der Festung Landau zu vermitteln.
Auch von den im zweiten Hauptkapitel abgehandelten Vorwerken, die bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts mehrfach verstärkt und erweitert wurden, sind „nur noch sehr wenige Reste“ erhalten. Gleichwohl gelingt es Rolf Übel erneut, mit einer gelungenen Auswahl von Lageplänen und (historischen) Fotos dem Leser einen guten Eindruck vom komplexen System der Außenwerke zu vermitteln. Unterstützt wird dies hier (ebenso in den nachfolgenden drei Hauptartikeln) durch einen jeweiligen Unterabschnitt „Rundgang“. Gerade diese vier Unterabschnitte steigern den Wert des Buches. Sie sind letztlich eine Aufforderung und Anleitung zum Besuch der baulichen Relikte. Dabei werden nicht nur Wegbeschreibungen – ein abgedruckter Stadt- und Wegeplan ist hilfreich – geliefert, sondern alle mehr oder minder gut erhaltenen ober- und unterirdischen Festungswerke und -bauten in ihrer vormaligen Funktion vorgestellt und erläutert. Der Autor geht auch auf die im letzten Jahrzehnt ausgegrabene und heute bei Führungen zu besichtigende Lunette 41 ein, die sich zu einem „High-Light“ der Festungsanlagen entwickelt hat.
Das für den Leser (und Besucher) vielleicht verblüffendste Konzept der Festungsbauer ist die von Rolf Übel beschriebene Nutzung von Wasser als wesentlichem Verteidigungsmittel. Im Hauptkapitel 3, betitelt „Wassermanoeuvre – von Schleusen und Wasserbären“ werden die Nutzung der Queich bzw. des eigens errichteten Albersweiler Kanals und das zugehörige Schleusensystem vorgestellt. Mithilfe des Queichwassers war man in der Lage, nicht nur Grabenabschnitte, sondern auch sog. Kessel oder (bei Gefahr) Innenstadtteile zu fluten. Der Rundgang entlang dieser Wasserverteidigungsanlagen (Kanälen, Brücken, Hebeanlagen, Schleusen) ist – auch für Kinder – mehr als empfehlenswert.
Es folgt in Hauptkapitel 4 durch Harald Bruckert die Beschreibung von 18 Festungsgebäuden unterschiedlicher Zeitstellung (dabei die alten Festungstore, Kasernen, Magazine und sonstigen Dienstgebäude der Militärverwaltung), die – soweit erhalten – heute recht unterschiedlich genutzt werden. So dürfte die Nutzung der zwischen 1823 und 1827 errichteten bayerischen Kommandantur als Rathaus allgemein bekannt sein. Eher unbekannt und daher für den Leser wertvoll sind daher die Hinweise auf eher versteckte Bauten, so in der Kramstraße, in der ein Flügel der „Alten Kommandantur“ original erhalten ist.
Hauptkapitel 5 ist überschrieben: „Das Kronwerk der Festung Landau – Das Fort“ und behandelt ausführlich die eigentliche „Schwachstelle“ im Verteidigungssystem, die durch ein eigens errichtetes Außenwerk ab 1700 zusätzlich geschützt werden musste. Eindrucksvoll werden die langandauernden Bauarbeiten dieser „Festung in der Festung“ beschrieben und mithilfe historischer Pläne und mit Detailaufnahmen des im Stadtmuseum ausgestellten Stadtmodells in ihrem Umfang dem Leser deutlich gemacht. Nicht nur die Anzahl (30), auch die Auswahl der Abbildungen im Text unterstreichen einerseits die militärische Bedeutung des auch als „Zitadelle“ bezeichneten Forts, sondern auch die Vielzahl der unterschiedlich und vielfach gut erhaltenen Bauwerke. Genannt seien „zwei Minengalerien, getunnelte Tore, verengte Poternen, Bastionen und vor allem die große Bastionsspitze“.
Man sollte sich das Buch der beiden Autoren zweifach, eigentlich dreifach zu Gemüte führen: als erfrischende, fachspezifische Lektüre, als „Bilderbuch“ und nicht zuletzt als „Festungsführer“ – ein dreifacher Gewinn. Der im Vorwort postulierte Versuch von Harald Bruckert und Rolf Übel „das Ergebnis unserer Forschung in verständlicher Form und reich illustriert auch dem interessierten Laien näher zu bringen“ ist mehr als gelungen. Beide haben sich mit dem gut lesbaren, reich bebilderten, genau recherchierten und pädagogisch gut aufgebauten Werk um die Festungsforschung und Landau mehr als verdient gemacht. Ich wünsche dem Buch eine gute Aufnahme in der Öffentlichkeit.
Jürgen Keddigkeit, Rez. von Harald Bruckert und Rolf Übel, „Ein Wirrwarr von Festungswerken aller Art“. Festung Landau – Von Werken, Wasser und Wachthäusern, Verlag für Burgenkunde und Pfalzforschung Rolf Übel, Landau 2023, URL: https://www.hist-verein-pfalz.de/de/rezensionen/7/wid,1080/rezensionen.html.
Erschienen in: Pfälzer Heimat 75,2 (2024).